G042

Thomas Fritzsch, Viola da gamba Mitteilungen Nr. 56 (12.2004):

Mit dem Trio C-Dur erschließen Leonore von Zadow-Reichling und Günter von Zadow eine vierte Gambenkomposition Johann Gottlieb Grauns in der Edition Güntersberg; dies ist Pionierarbeit angesichts der mindestens 24 überkommenen Werke J. G. Grauns mit solistischer Verwendung der Viola da Gamba in Solosonaten und -konzerten, Ensemblesonaten und Gruppenkonzerten und in Kantaten, in der Mehrzahl für den zu unseren Zeiten unstreitig... größten Gambisten in Europa (J. A. Hiller 1766), Ludwig Christian Hesse, komponiert. Edition Güntersberg plant erfreulicherweise weiter Editionen in der "Graun-Serie". Jede Graun-Neuerscheinung gleicht dem Herauslösen eines Steines vor einem zugemauerten Portal, und die sich erweiternde Öffnung gibt uns nach und nach den Blick auf den dahinter liegenden, lange Zeit verdeckten, prächtigen Saal frei. Möglich wird dies auch durch die Rückführung der Bestände der Sing-Akademie zu Berlin, mit der u.a. auch wichtige Graun-Quellen an den Ort Ihrer Entstehung zurückkehrten. So basiert auch die Edition des C-Dur-Trios auf dem heimgekehrten Autograph (unter vergleichender Heranziehung einer zeitgenössischen Abschrift).

Die Partitur der Güntersberg-Edition ist so eingeteilt wie die der Quellen: einem Doppelsystem für den obligaten Cembalopart folgt in der dritten Zeile die Viola da Gamba-Stimme, darunter steht der (bezifferte) Basso continuo. Es steht außer Frage, dass Graun zusätzlich zum Cembalo für den obligat-Part mit einem weiteren Akkordinstrument zur Ausführung des Basso continuo rechnet. Da jedoch die Basslienie des obligaten Cembaloparts bis auf kleinere Aussparungen und wenige abweichende Takte mit der Continuo-Stimme identisch ist, bleibt eine auf Cembalo und Viola da Gamba reduzierte Ausfürhung wohl hinter der beabsichtigten klanglichen Vielfalt zurück, gehört aber angesichts des Layouts der autographen Partitur damals wie heute zu den aufführungspraktischen Varianten. Die separate Cembalostimme mit Ergänzungen im Kleindruck trägt dem Rechnung. Diese und weitere Einzelstimmen für Viola da Gamba und Basso besitzen das bei Güntersberg gewohnt gute und an der Praxis orientierte Notenbild. Dass die Basso-Stimme die Bezifferung auslässt, ist ein Verlust, nicht nur beim Verfolgen des harmonischen Verlaufs. Continuo-Cembalisten und -lautinisten sind damit ausschließlich auf die Partitur mit bei nur drei Systemen pro Seite zwangsläufig vielen Wendestellen verwiesen. [Anmerkung Edition Güntersberg: G042C neu]

Warum haben die Herausgeber GraunsTaktvorzeichnung C am Beginn des zweiten Satzes in 4/8 geändert. Die im Vorwort gegebene Begründung, dass sie "annehmen, dass Graun die unterschiedlichen Charaktere der beiden Sätze Allegro non molto (2. Satz) und Allegro (3. Satz) dadurch verdeutlichen wollte", erledigt sich von selbst: Der Verblichene entschied sich für C. Ein im Tempo und im Notenbild Parallelen aufweisendes Beispiel für ein langsames Allegro bildet der Einganssatz Allegro moderato in C. Ph. E. Bachs g-Moll-Sonatefür Viola da Gamba und obligates Cembalo. Bach entschied sich für die Taktvorzeichnung 2/4."